Am Gantenkamp wird Gas gegeben

Biogas-Anlage soll in Kirchlengern im Sommer ans Netz

Bericht der NW Bünde am 7.6.08 von Patrick Menzel (Text und Fotos)

Kirchlengern. Von oben betrachtet erinnern sie an gigantische Iglus aus Beton und Stahl – die Behälter von Biogasanlagen. Sie dienen zur Erzeugung von Strom, Wärme und Dünger aus Biomasse. Die bisher größte im Kreis Herford wird noch in diesem Sommer in Kirchlengern ans Netz gehen. Das Energieunternehmen Eon Westfalen-Weser baut am Gantenkamp ein fünf Millionen Euro teures Megawatt-Biokraftwerk. Ein Jahr nach dem ersten Spatenstich nimmt die Anlage langsam Fahrt auf.


Biogasanlage

„Jetzt geben wir richtig Gas“, vermeldete Dr. Christoph Kotzerke gestern im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Und dies war durchaus wörtlich zu verstehen: „Im Moment befindet sich die Anlage im Probebetrieb. Das Aggregat liefert zwar bereits den ersten Strom, läuft allerdings noch nicht mit voller Leistung“, erklärte der Geschäftsführer der E.ON Westfalen Weser Energie-Service GmbH und sprach dabei von „Betriebsoptimierung“. Hier und da müssten noch ein paar Kinderkrankheiten behoben werden, sagte Kotzerke, aber das sei ganz normal. Eine dieser Kinderkrankheiten ist die Förderschnecke, mit der die Silage transportiert wird. „An dieser Stelle der Anlage tritt manchmal ein unangenehmer Geruch aus“, räumte Dr. Kotzerke ein. Doch der Energieversorger hat bereits reagiert und will der Förderschnecke eine Einhausung gönnen. Ende August soll das Bio-Kraftwerk, das unter anderem aus einem sechs Meter hohen und 22 Meter langen Nachgärer sowie einem drei Meter hohen und 30 Meter langen Hauptfermenter besteht, dann mit voller Leistung ans Netz gehen und jährlich rund acht Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Gefüttert wird die Anlage mit rund 17.000 Tonnen Mais und 750 Tonnen Getreide im Jahr. Den Rohstoff bekommt der Energieversorger von 30 Landwirten aus der Region. „So schließt sich der Kreis – die Landwirte liefern den Mais, den die Biogasanlage durch Vergärung in Energie verwandelt“, beschrieb Dr. Christoph Kotzerke das Procedere. Das vergorene Substrat, das für die Landwirtschaft wichtige Nährwerte wie Mineralien und Stickstoff enthält, gehe dann zurück an die Bauern. „Eine gute Sache“, kommentierte Kreislandwirt Werner Seeger dieses Verfahren, „und für die Landwirte, die wie am Beispiel der Anlage in Südlengern einen Jahresvertrag mit einem Großversorger abgeschlossen haben, ein durchaus lukratives Geschäft.“

Methan aus Mais. Die meisten Biogasanlagen werden mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben. Nachwachsende Rohstoffe, kurz „Nawaro“, sind Pflanzen wie Mais oder unreif geerntetes Getreide, die ähnlich wie Sauerkraut durch Milchsäurebakterien haltbar gemacht werden. Die konservierten Pflanzen sind das Futter für die Methangas produzierenden Bakterien. Je mehr Futter die einzelligen Energieproduzenten täglich erhalten, desto mehr Gas wird von ihnen produziert. Das Gas wird gereinigt und in einem umgerüsteten Motor eingespeist. Der Motor treibt einen Stromgenerator an, der rund ein Drittel Energie ins Netz einspeist. Rund zwei Drittel der Energie aus dem Gas werden vom Motor als Wärme freigesetzt und gespeichert. Zunächst soll die produzierte Wärme der Kirchlengerner Anlage allerdings ausschließlich auf dem Eon-Kraftwerksgelände genutzt werden.

(Neue Westfälische Bünder Tageblatt, Samstag 7. Juni 2008)