Ruhestätte mitten im Wald

Rüterfriedhof erinnert an bedeutende Südlengeraner Bauern- und Kaufmannsfamilie

Bericht der NW Bünde am 23.7.08 von Karl-Hendrik Tittel (Text und Fotos)

Aufmerksame Wanderer finden im Ravensberger Hügelland gelegentlich kleine Begräbnisstätten, die sich weit jeder Siedlung befinden. Auf der deutschen Grundkarte sind diese Stätten mit der Abkürzung „Erbbgr.“, also Erbbegräbnis verzeichnet. In Südlengern sind drei dieser Ruhestätten zu finden, das wohl bekannteste ist das Grab der Familie Rüter im Waldstück „Rüters Fichten“ am Reesberg.


Rütersfriedhof

Die Familie Rüter betrieb einst in Südlengern eine ausgedehnte Landwirtschaft mit Jagd und übte zudem im großen Umfang Handel mit Korn, Flachs, Garn und Leinwand aus. Auch ein Geschäft mit eigener Bäckerei, amtlichem Salzverkauf und Brandweinausschank gehörte dazu. Die Familiengeschichte spiegelt in anschaulicher Weise die wirtschaftliche Not der Menschen des 19. Jahrhunderts in dieser Region, die in erster Linie durch die Einführung der Spinn- und Webmaschinen verursacht wurde, wider.

1846 resultierte aus einer Missernte in Südlengern eine große Hungersnot, unter der Mensch und Vieh gleichermaßen zu leiden hatten. Der Familie Rüter war es gelungen, reichlich Getreide aufzukaufen, so dass der Backbetrieb bis zum Mai 1847 aufrechterhalten werden konnte.

Katze

Den Hungernden zuliebe verkauften sie das Brot zu bisherigen Preisen und die täglichen, langen Käuferschlangen bestanden nicht nur aus Einheimischen. Selbst als die Mehlvorräte schließlich zur Neige gingen und die Bäckerei geschlossen werden musste, ließ die Familie zweimal wöchentlich 60 Kinder aus Südlengern zum Rüterhaus an der Elsebrücke kommen, wo ihnen ein Mittagessen gegeben wurde. Da die wirtschaftliche Existenz auf Dauer nicht gesichert schien, siedelte die Familie Rüter 1885 nach Nordamerika über, auf eine Farm in Oregon.

Bereits der Vater des wohlhabenden Bauern und Kaufmanns Fritz Rüter (1797 – 1876) erwarb sich das Recht auf die Anlage eines Erbbegräbnisses. Im Gegensatz zu anderen Familiengräbern in der Region, beispielsweise bei Gut Böckel in Bieren, gehören der kleine Friedhof und die umgebende Waldfläche der Gemeinde Kirchlengern. Am 30. August 1913 legitimierte Adolf Rüter, inzwischen amerikanischer Staatsbürger, die Schenkung, mit der gleichzeitig ein acht Hektar großes Waldstück („Rüters Fichten“) verbunden war, mit einer Urkunde.

Auf der Gegenseite musste sich die damalige Gemeinde Südlengern verpflichten, das Grab in einem guten Zustand zu erhalten. Um den Friedhof herum sollte immer soviel Platz bleiben, dass „derselbe stets von einem Ring Tannen eingeschlossen bleiben kann.“ Nach dem Tod von Elisabeth Rüter am 3. Oktober 1963 wurde die letzte Beisetzung am Rüterschen Erbbegräbnis durchgeführt. Auf dem Gelände steht eine winzige Kapelle, in der der vormals auch ein Harmonium gestanden hat. Wie viele andere Erbbegräbnisse auch, stellt das Rütergrab mit seiner zumeist exotischen Bepflanzung einen Kontrast zu der umgebenden Waldlandschaft dar. Leider hat der Orkan Kyrill auch an dieser Stelle deutliche Spuren hinterlassen, mit starken Schäden an Umzäunung, Mauer und Bepflanzung.

Heimat- und Naturpfleger wie Klaus Nottmeyer-Linden, Leiter der Biologischen Station Ravensberg, hoffen, dass „sich die Gemeinde an ihre Verpflichtungen erinnert und für die Behebung der Schäden sorgt“.

(Neue Westfälische Bünder Tageblatt, Mittwoch 23. Juli 2008)

Nur 1 b-Lösung für die Else

Erwerb des Wasserrechtes an der Elsemühle gescheitert
Statt Altarm wird nun ein Bypass angelegt

Bericht der NW Bünde am 19.7.08 von Dieter Schnase (Text) u. Patrick Menzel (Foto)

Das Konzept war gut durchdacht: Am Wehr der Elsemühle in Südlengern wollte die Stadt den Hauptteil des Flusses unterhalb des Semmelweges ins alte Bett umleiten. So wäre die Natur wieder mehr zu ihrem Recht gekommen – auch der Hochwasserschutz hätte verbessert werden können. Doch es kam anders. „Der Erwerb des Wasserrechts ist gescheitert“, bedauert Christoph Wittler, Fachmann für Gewässerfragen im Bünder Rathaus.

Nach längeren Verhandlungen mit der Eigentümerin des Wehres sei die ältere Dame nicht mehr bereit gewesen, das Wasserrecht und die Flächen rund um die Else zu veräußern. „Es kamen neue Forderungen, die für die Stadt nicht erfüllbar waren“, sagt Wittler. Damit ist auch das Konzept, wonach die Else auf einen Abschnitt ihren ursprünglichen Verlauf annehmen und durch das Wehr nur noch eine geringe Menge Wasser fließen sollte vom Tisch. „Wir sind allerdings immer noch interessiert“, räumte Christoph Wittler im Gespräch mit der NW ein.

Konzept geändert: Das Wehr der Elsemühle (Foto) bleibt in Privatbesitz. Gleichwohl soll ein kleinerer Teil der Else umgeleitet und unter den Semmelweg verlegt werden (Grafik).

Die in Eigenregie der Stadt geplante Gewässermaßnahme war als Teilausgleich für das neue Industriegebiet in Spradow gedacht. „Wir werden jetzt statt der 1 a-Lösung eine 1 b-Lösung verwirklichen“, kündigte Wittler an. Die sieht so aus, dass ab dem Elsewehr ein langgestreckter Bypass unter dem Semmelweg verlegt wird – ebenfalls dort, wo die Else einst floss. Doch darf nur eine kleinere Wassermenge abgezweigt werden, während der Hauptarm des Flusses sich weiter über dem Wehr ergießen wird. Am alten Arm könnte die geplante Fahrradbrücke etwas kleiner ausfallen.

Gleichwohl sind nach Worten des Gewässerfachmanns auch bei der abgespeckten Variante umfangreiche Arbeiten erforderlich. Und der Effekt, die Else an dieser Stelle für Fische und andere Organismen durchlässig zu machen, sei ebenfalls erreicht. Die Stadt hat bereits mit den Aufsichtsbehörden Kontakt aufgenommen. Die haben nach Auskunfts Wittlers signalisiert, dass die „1b-Lösung“ als Flächenausgleich akzeptiert würde. Um das alternative Konzept umsetzen zu können, sollen in der nächsten Woche noch letzte Grundstücksverhandlungen geführt werden.

Auch wenn das Wehr seines Wissens derzeit nicht zur Stromerzeugung genutzt werde, müsse die Eigentümerin es erhalten, machte Wittler deutlich. Und das Wasser dürfe sie natürlich nicht ablassen. Das hätte gravierende Folgen für den Verlauf des Flusses davor. Von der Umleitung erhoffte sich die Stadt Bünde auch, das Hochwasserproblem an der Else besser in den Griff zu bekommen. Derzeit drängen sich die Wassermassen noch vor dem Wehr der Elsemühle. Da nur ein kleiner Teil der Else umgelegt wird, dürfte sich daran auch in Zukunft nicht viel ändern.

(Neue Westfälische Bünder Tageblatt, Samstag 19. Juli 2008)